Gruppe der Gesamtschule Konradsdorf auf der Suche nach Antworten in der Gedenkstätte Buchenwald
Schülerinnen und Schüler der Buchenwald AG besuchen als erste Gruppe seit sieben Monaten die Gedenkstätte auf einer mehrtägigen Exkursion und erzählen davon
Ein Bericht von Mira Felten, Hannah Finke und Amelie Lack
Das Aufgeben der Persönlichkeit für die Entstehung eines Gemeinwillens. Eine Masse, angetrieben durch unzählige Individuen, die in ihr aufgehen. Diese emotional lenkbare Masse lässt sich überwältigen von Gefühlen wie Stärke und Macht. Schon Gustave Le Bon verstand das Prinzip der Massenbeeinflussung, welches er in seinem Buch ,,Psychologie der Masse“ 1895 darstellte.
Ein Paradebeispiel für dieses Vorgehen ist die Wirkung der propagierten Naziideologie während des Hitler-Regimes. Auf der Suche nach Anerkennung und Macht erfolgten Ausgrenzung, Unterdrückung und Vernichtung von Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, politischen Gegnern und sogenannten Asozialen. Menschen, die nicht dem Idealbild eines deutschen Bürgers entsprachen, wurden in Konzentrationslager verschleppt. Das größte Konzentrationslager auf deutschem Grund war Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar. In diesem Haftlager zur Zwangsarbeit litten insgesamt 266.000 Menschen aus verschiedenen Ländern Europas. Anders als in vielen Konzentrationslagern, handelte es sich in Buchenwald um kein Massenvernichtungslager. Es gab zwar keine Vergasungsanlagen, dennoch starben 56.000 Menschen an Folter, medizinischen Experimenten oder Auszehrung. Mit einer Tagesration, die gerade einmal zum Überleben reichte, leisteten sie Schwerstarbeit. Unter der Aufsicht gewaltbereiter SS-Männer beschleunigten sie die eigene Vernichtung und die ihres Gleichen, indem sie Galgen errichteten und Waffen für den Krieg herstellten. Immer wieder kam es zu Hinrichtungen im Pferdestall, durch einen Genickschuss, oder im Hängekeller. Die Leichen wurden anschließend in speziell für die massenhafte Leichenverbrennung konzipierten Öfen verbrannt. Widerstandskämpfer bildeten im Lager eine Untergrundorganisation, um das Wüten der SS nach besten Kräften einzudämmen.
Am 11. April 1945 erreichten die US-Soldaten Weimar und befreiten die Gefangenen aus Buchenwald. Inhaftiert waren noch ca. 21.000, von denen nach wenigen Wochen mehrere Hundert an den Spätfolgen der Haftbedingungen starben.
Und all das soll die Bevölkerung Weimars nicht mitbekommen haben?
„Wir haben nichts von all dem gewusst.“ Diese Aussage tätigten Weimarer Bürger mehrmals nach der Befreiung. Es war jedoch nicht möglich, die Transporte der Opfer des Nazi-Regimes zu übersehen. Zum einen gab es viele passiv beteiligte Institutionen, wie Brauereien, welche die SS-Soldaten mit Bier versorgten oder Lebensmittellieferanten, die bis in das Gelände blicken konnten. Darüber hinaus wurden die Öfen für die massenhafte Leichenverbrennung von der Firma ,,Topf und Söhne“ aus Erfurt hergestellt. Der Geruch der verbrannten Leichen zog bis in die umliegenden Dörfer und der Rauch war noch kilometerweit zu sehen, der Ascheregen legte sich über die Straßen am Ettersberg.
Noch heute leugnen einige den Holocaust, weswegen wir, die Buchenwald AG, es uns zur Aufgabe gemacht haben, soviel wie möglich über die damalige Zeit zu erfahren, die Zusammenhänge zu verstehen und für unser gegenwärtiges Leben etwas mitzunehmen. Denn nur wer die Vergangenheit versteht, kann es in der Zukunft besser machen.
Unsere Schule legt ein Augenmerk auf Werte wie Toleranz, Gleichberechtigung und Vielfalt, wodurch Schüler*innen die Möglichkeit gegeben wird, sich in der Buchenwald AG intensiv mit dem Thema Nationalsozialismus und Massenverfolgung zu beschäftigen. In diesem Rahmen wird jährlich eine fünftägige Fahrt nach Buchenwald organisiert, um uns Schüler*innen zu sensibilisieren. Vor Ort arbeiteten wir unter anderem an Projekten, wie die Freilegung des Gedenkwegs, das Einmeißeln der Namen von verstorbenen Kindern und Jugendlichen in Steine. Zusätzlich bestand die Möglichkeit, sich eigenen Projekten zu widmen, die anschließend in der jährlichen Buchenwald-Ausstellung in Konradsdorf präsentiert werden. Des weiteren wurden Führungen durch und um das Lager herum von Dr. Helmut Rook angeboten, dem unser besonderer Dank gilt. Zudem bedanken wir uns recht herzlich bei Frau van Aarsen, Frau Olesch und Herrn Simon für die tolle Zeit. Außerdem bedanken wir uns bei dem Wetteraukreis und der Landeszentrale für politische Bildung für die Unterstützung.